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Das große Biogarten-Buch

Normalerweise lese ich um diese Jahreszeit gar keine Bücher, weil ich jede freie Minute im Garten verbringe. Dieses Jahr hat sich meine Anbaufläche auch noch vergrößert, weil ich für unser Dorfjubiläums-Projekt "Fruchtgarten" einige Beete angelegt habe, die ebenfalls betreut werden wollen. Das Schöne daran ist, dass ich dort viele Gemüsesorten ausprobieren kann, die ich im Hausgarten gar nicht unterbringen würde. Dazu muss ich dann allerdings doch hin und wieder etwas nachlesen und hierfür hat mir Das große Biogarten-Buch bisher sehr gute Dienste geleistet. Es ist nämlich so umfassend, dass man eigentlich keine weiteren Nachschlagewerke mehr benötigt. Sehr praktisch, weil ich jetzt nur noch ein Buch in den Garten mitschleppen muss - allerdings ist es mit knapp zweieinhalb Kilo auch dementsprechend schwer. Ein Vorteil ist also schon mal: sollte der Inhalt nicht gefallen, kann man es immer noch verwenden, um Blätter für das Herbarium zu pressen.*

 

Die Inhalte des Buches - fundierte Grundlagen zum Bioanbau sowie über 400 Arten- und Sortenbeschreibungen von Gemüse, Obst, Kräutern, Blumen, Pilzen und Getreide - stammen durchweg aus der Praxis. Man merkt den Texten an, dass die Verfasser selber gärtnern und nicht nur darüber schreiben (leider ist das nicht selbstverständlich). Hier wird das Fachwissen noch gesteigert, da die Autorin Unterstützung aus den Reihen des Vereins Arche Noah hatte, der sich dem Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt widmet. Die Gärtnerinnen und Gärtner der Arche Noah betreuen ein Sortiment, dass weit über das handelsübliche Gartenpflanzen-Spektrum hinausreicht. Das große Biogarten-Buch ist also vor allem für jene interessant, die sich für alte oder seltene Obst- und Gemüsesorten interessieren. Sorten, die in herkömmlicher Gartenliteratur kaum Erwähnung finden und die so klangvolle Namen wie Lavanttaler Bananenapfel, Kasseler Strünkchen oder Wildschönauer Stoppelrübe tragen. Man bekommt eine leise Ahnung davon, welche Vielfalt die einzelnen Pflanzengattungen hervorbringen können.

 

Nicht nur die Sortenvielfalt wird ausführlich behandelt. Auch die Kulturanleitungen lassen keine Fragen offen. Man erfährt, welchen Boden die jeweilige Pflanze bevorzugt und in welcher Klimazone sie am liebsten wächst. Die detaillierten Angaben nennen sogar die zu erwartende Ertragsmenge pro m² oder wie lang die Samen keimfähig bleiben. Immer wieder findet man nützliche Tabellen und bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitungen - beispielsweise zum Setzen von Jungpflanzen oder zum Schnitt der Obstgehölze. Wem das immer noch zu wenig Information ist, der kann den zahlreichen Hinweisen auf weiterführende Literatur nachgehen.

 

Dazu gibt es immer wieder kurze Erfahrungsberichte von den Arche Noah-Mitgliedern, die ich besonders spannend finde. Etwa die Beiträge über den Bau eines Kugel-Gewächshauses, Experimente mit Schafwolle als Düngemittel oder praktische Tipps zum Einkochen der Ernte und vieles andere mehr. Die Vielfalt und die unterschiedlichen Schwerpunkte der Arche Noah-Gärten werden in einigen Gartenporträts besonders schön dargestellt. Sehr inspirierend fand ich das Kapitel "Kinder im Gemüsegarten", in dem vom Babyspielzeug über die Frage nach speziellen Kinderwerkzeugen bis zu den Giftpflanzen, auf die man in kindgerechten Gärten besser verzichten sollte, viele wirklich brauchbare Tipps und Informationen zum Gärtnern mit Kindern zusammengetragen wurden. Ich bin schwer beeindruckt, wie man ein 624 Seiten starkes Buch über Gärtnern mit Nutzpflanzen schreiben kann, ohne dabei an irgendeiner Stelle langweilig zu werden. Sogar das Vorwort habe ich interessiert gelesen. 

 

Die durchweg aussagekräftigen Fotos stammen überwiegend von der Autorin selbst. Man sieht darauf nicht nur Früchte, sondern oft auch die Blüten der Nutzpflanzen oder deren Wurzeln, außerdem auch die Pflanzen nach der Aussaat. Sehr informativ sind auch die sogenannten Sortentableaus, auf denen am Anfang der Kapitel über Gemüse, Obst, Kräuter, Blumen, Pilze und Getreide jeweils die wichtigsten Vertreter der Gattungen zu übersichtlichen Vergleichsbildern angeordnet sind.

 

Eine Biogarten-Bibel der Extraklasse, die vom Anbau über die Lagerung und Konservierung alle relevanten Themen abdeckt. Grundlegendes wie Boden, Dünger, Wasser oder Kompost wird ebenso ausführlich behandelt wie anspruchsvollere Bereiche, zum Beispiel Pflanzenkrankheiten oder Samengärtnerei.

 

* Blätter pressen werde ich wohl vorerst damit nicht, aber bestimmt wird das Buch von mir anderweitig sehr strapaziert werden ;-)

 


Das große Biogarten-Buch

Andrea Heistinger, Arche Noah Ulmer 2013

Gebundene Ausgabe

624 Seiten

EUR 39,90

Format 27,2 x 20,4 cm

ISBN-10: 3800178400

ISBN-13: 978-3800178407

 


Website der Autorin: www.andrea-heistinger.at

 

Arche Noah - Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt & ihre Entwicklung: www.arche-noah.at

 

Weitere Rezensionen von:

Experiment Selbstversorgung

Gartensaison

Gartenjahre

Grüner Himmel

Helgas Garten

Projekt Landeier

Garten Gnom

 

Einige Rezensionen zeigen eine andere Cover-Abbildung. In Österreich ist das Buch im Löwenzahn Verlag erschienen (Bild unten). Der Inhalt ist nach meiner Information aber identisch: